18 Dezember 2017

Gefahren kennen: Sturm

Welche Gefährdungen gibt es für die Schweizer Bevölkerung? Wie könnte ein grosses Schadenereignis in der Schweiz konkret ablaufen? Welche Auswirkungen hätte dies auf Mensch, Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft in der Schweiz? Und was können Sie selber tun, um sich besser zu schützen?

Mit der nationalen Gefährdungsanalyse von «Katastrophen und Notlagen Schweiz» schafft das Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS Grundlagen für die vorsorgliche Planung und Ereignisvorbereitung. In diesem Rahmen wird für jede untersuchte Gefährdung ein Referenzszenario definiert. Damit gibt das BABS wissenschaftlich fundierte und breit abgestützte Antworten auf die einleitend gestellten Fragen. Im Alertswiss-Blog informieren wir Sie regelmässig über die Ergebnisse dieser Gefährdungsanalyse.

In der Nacht vom 14. auf den 15. Dezember 2017 fegte ein heftiger Sturm über die Schweiz und führte vielerorts zu Überschwemmungen, Stromausfällen und Erdrutschen. Auf dem Pilatus wurden sogar Winde mit bis zu 107 Kilometer pro Stunde gemessen. Man erinnere sich an den Sturm Egon, der im Januar 2017 über die Schweiz wütete. Seine Windgeschwindigkeit betrug sogar bis zu 139 Kilometer pro Stunde. Winde in diesem Ausmass sind in der Lage Bäume zu entwurzeln, Baugerüste einzuknicken, Gegenstände durch die Luft zu wirbeln sowie Leitungen zu zerstören. Es ist nicht das erste Mal, dass die Schweiz einer solchen Gefahr ausgesetzt war. Dementsprechend wichtig ist es, die Bevölkerung auf eine solche Situation effizient vorzubereiten.

SRF Beitrag 2016 Sturm Egon fegt Schweizer Züge vom Gleis

Worum geht es?

Ein Sturm ist ein starkes Windereignis, welches zu Schäden in der Natur, an der Infrastruktur und an Gebäuden führt. Die Schadensgrösse ist abhängig von der Windgeschwindigkeit und von der Häufigkeit hoher Windspitzen (Böigkeit). Grossräumige Sturmschäden treten bei Durchzug von Sturmtiefs auf. Sie sind vor allem in Winterhalbjahr zu erwarten. Kleinräumige Sturmschäden werden von Gewittern verursacht, welche hauptsächlich im Sommerhalbjahr auftreten. Auf Seen führen starke Windereignisse zu hohem Wellengang. Sturmereignisse treten in der Schweiz regelmässig auf.

Ereignisbeispiele

Referenzszenario: Möglicher Ereignisablauf bei Sturm

Schon früh am Morgen beginnt es unaufhörlich zu regnen. Starke Sturmwinde mit Böenspitzen von über 100km/h treten auf. Durch den starken Wind brechen armdicke Äste von Bäumen ab und blockieren Strassen sowie Bahnstrecken. Umstürzende Bäume und herabfallende Äste bringen mehrere Menschen in Lebensgefahr. Diverse Objekte werden unkontrolliert durch die Luft gewirbelt. Die Polizei, die Feuerwehr und die Sanität arbeiten auf Hochtouren. Die Windgeschwindigkeit nimmt immer weiter zu. Vereinzelt werden Leitungen zerstört. Am späten Nachmittag, nach Beginn des Feierabendverkehrs werden kräftige Böen registriert, die im Flachland über 120 km/h betragen. Auf dem Weg durch die Schweiz erreicht die Windgeschwindigkeit in vereinzelten Lagen bis zu 160 km/h. Auf den Bergspitzen werden wiederholt Orkanböen von über 210 Stundenkilometern gemessen.

Um sich der Gefahr nicht auszusetzen, wird empfohlen, Schutz in einem Gebäude zu suchen. Über mehrere Stunden hinweg können aus Sicherheitsgründen Wohnhäuser nicht verlassen werden. Der Sturm nimmt endlich ab, die Windgeschwindigkeit beträgt jedoch vielerorts noch immer über 100 km/h. Erst in der Nacht des zweiten Tages wird der Wind schwächer und flaut schliesslich am Mittag des dritten Tages komplett ab. Die entstandenen Schäden müssen über mehrere Monate hinweg behoben werden. Auswirkungen eines Sturms solchen Grades können bis zu sechs Monate nach dem Ereignis immer noch festgestellt werden.

Referenzszenario: Mögliche Auswirkungen

Ein Sturm hat starke Auswirkungen auf Personen, Umwelt, Gesellschaft sowie unsere Wirtschaft. Herausgerissene Bäume, herabfallende Dächer, umkippende Gerüste – all das führt zu starker Behinderung und zu grossen Sachschäden. Vor allem die beschädigten Gebäude dominieren die Vermögensschäden nach einem Sturm. Es muss mit vereinzelten Stromunterbrechungen bis hin zu kompletten Ausfällen gerechnet werden. Nicht nur die Stromversorgung, sondern auch die Telekommunikation wird stark in Mitleidenschaft gezogen. Das Handynetz ist oftmals überbelastet und bricht total zusammen. Funkantennen der Blaulichtorganisationen bleiben auch nicht verschont, wodurch die Kommunikation der Organisationen lokal ausfällt. Aufgrund der fehlenden Polizeipräsenz finden in sehr schlimmen Fällen manchmal sogar Plünderungen statt. Die Sicherheit kann somit teilweise an einigen Orten nicht gewährleistet werden. Durch die entwurzelten Bäume und andere Risiken ist der Strassenverkehr stark eingeschränkt. Viele Strassen werden komplett gesperrt. Aber auch auf den befahrbaren Wegen gilt grosse Vorsicht, da eine Windböe Fahrzeuge, vor allem Lastwagen, umstossen könnte. Teilweise werden Oberleitungen und Geleise beschädigt, weswegen Züge auf offener Strecke zum Stillstand gezwungen werden. Aufgrund dessen wird der Zugverkehr oft für wenige Tage fast komplett eingestellt. Auch der Flugverkehr wird reduziert. International kommt es dadurch zu massiven Verspätungen. Die Einschränkung unserer Mobilität ist bei einem Sturm also ein grosses Problem.

Blockierte Wege und Strassen stellen ein enormes Hindernis für die Rettungskräfte dar. Sie kommen nur mühsam an einen Unglücksort. Zusätzlich ist ihr Einsatz extrem gefährlich, durch die herrschende Dunkelheit und die potenziellen umstürzenden Bäume. Bis zur totalen Erschöpfung wird gearbeitet. Die Konzentration lässt nach und führt teilweise zu Unfällen unter den Rettungskräften. Allgemein ist bei einem Sturm das Gesundheitswesen enorm gefordert. Sie helfen nicht nur bei der Erstversorgung bei Verletzten, sondern auch bei den Behandlungen in Krankenhäusern. Die Notaufnahme ist in Extremfällen überbelastet.

SRF Beitrag 2015 Sturm Niklas tobt über Europa

In Wäldern besteht auch nach einem Sturm weiterhin Gefahr. Während der Aufräumarbeiten kommt es oftmals zu Unfällen. Wald- und Wanderwege bleiben über mehrere Wochen bis zu einem Jahr gesperrt. Über Jahrzehnte hinweg ist die CO2-Speicherung der Pflanzen und Bäume extrem beeinträchtigt, da Grossteile der Wälder komplett zerstört sind. Auf dem Holzmarkt herrscht ein Überangebot, wodurch die Preise stark sinken. Für die Waldbesitzer bedeutet dies weniger bis zu gar keine Einnahmen. Auch Schäden bei Kulturgütern und Einbussen im Tourismus sind durch einen Sturm zu verzeichnen. Die Bewältigungskosten, die sich aus Einsatzkräften, Notunterkünften und Versorgung zusammensetzen, addiert mit den Vermögensschäden betragen ca. 4.5 Milliarden Schweizer Franken.

Risikobeurteilung und Vergleich mit anderen Risiken

Ein Sturm dieses Ausmasses ist in der Schweiz grundsätzlich vorstellbar. Die Gefährdung Sturm ist gut dokumentiert, da sie häufiger eintritt als andere Gefahren und schon einige solcher Situationen, zum Beispiel Lothar, erlebt wurden. Gemäss der Nationalen Gefährdungsanalyse des BABS tritt dieses beschriebene Referenzszenario jedoch nur alle 30 Jahre ein. Es wird allerdings damit gerechnet, dass Naturkatastrophen wie Stürme häufiger auftreten werden aufgrund klimatischer Veränderungen. Zusätzlich wird erwartet, dass zukünftig das Ausmass und die Komplexität der Auswirkungen zunehmen werden.

Vorsorge und Verhaltensanweisungen: Was können Sie tun?

Europa wird immer wieder von starken Stürmen heimgesucht. Auch die Schweiz bekam dies einige Male zu spüren. Durch den Klimawandel wird damit gerechnet, dass in geraumer Zukunft immer gravierendere Stürme mit intensiveren Auswirkungen aufkommen werden. Dementsprechend wichtig ist es, die Bevölkerung präventiv auf die Gefahr vorzubereiten. Mit diesen simplen Anweisungen kann das Schlimmste verhindert werden:

  • Suchen Sie Schutz in einem Gebäude.
  • Meiden Sie offenes Gelände, Berggipfel, Bäume, Türme, Masten und Antennen und achten Sie auf herumfliegende Gegenstände.
  • Sichern Sie draussen bewegliche Gegenstände (z.B. Blumentöpfe, Gartenmöbel, Fahrräder).

Bereit für alle Fälle

Beachten Sie die Empfehlungen zu Notvorrat und Notfallapotheke sowie zu den Vorbereitungen betreffend Notunterkunft und Notgepäck im Alertswiss Notfallplan.

Notfallplan Alertswiss

Weitere Informationen

  • Die vollständige Ausführung der Informationen, die in diesem Blogartikel angesprochen werden, finden Sie im Gefährdungsdossier Sturm.
  • Informationen zu weiteren Gefahren finden Sie im Bereich Gefahren kennen.
  • Weitere Informationen zum Verhalten bei Sturm finden Sie im Naturgefahrenportal, wo auch die aktuelle Lage sowie Warnungen herausgegeben werden.
  • Informationen zur Wetterlage sowie eine aktuelle Einstufung der Situation finden Sie ausserdem bei MeteoSchweiz.

Beitrag teilen:

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *