Internationale Übung zu radiologischem Zwischenfall
Während zwei Tagen übte die Nationale Alarmzentrale NAZ im Rahmen der ConvEx3-Übung mit nationalen und internationalen Teams die Prozesse bei einem radiologischen Ereignis im Ausland. Szenario für die ConvEx3-Übung war ein Unfall im ungarischen Kernkraftwerk Paks. Da weltweit über 450 Reaktoren in Betrieb sind, ist die Vorbereitung dieses Szenarios wichtiger Teil für die NAZ. Die zeitgerechte Vernetzung mit verschiedenen Organisationen ist einer der entscheidenden Faktoren, um rasch die notwendigen Massnahmen ergreifen zu können.
Alle vier Jahre wird eine grosse ConvEx-Übung zur Bewältigung eines Ereignisses mit erhöhter Radioaktivität von der Internationalen Atomenergieagentur IAEA konzipiert. Diese „Convention Exercises“ prüfen in erster Linie die internationalen Meldeprozesse, zu denen sich die Mitgliedstaaten der IAEA verpflichtet haben. Jedes Land muss gemäss dieser Verpflichtungen radiologische Störfälle, insbesondere wenn sie grenzüberschreitende Auswirkungen haben können, der IAEA melden.
Szenario der diesjährigen Übung war ein Unfall im ungarischen Kernkraftwerk Paks. Nacheinander wurden ein Stromausfall in der Anlage und zwei Kühlmittelverlust-Störfälle (LOCA) jeweils in den Blöcken 1 und 2 gemeldet. Aufgrund von mehreren Notstrom-Dieselgeneratoren (EDG), die nicht funktionierten oder nach kurzer Zeit ausser Betrieb waren, konnte die Kühlung der Reaktoren nicht mehr gewährleistet werden. Das KKW löste einen „General Emergency“ aus, der via IAEA an alle Mitgliedstaaten kommuniziert wurde. Kurz darauf wurde Radioaktivität in südöstlicher Richtung freigesetzt.
Mit dem Eingang der Meldung eines General Emergency bot in der NAZ der Pikettleistende das ganze Personal auf. Innert ca. 30 Minuten waren genug Personen anwesend, um alle Positionen im Führungsraum zu besetzen. In diesem Einsatz bestand die NAZ aus den Bereichen Radioaktivität, Melde- und Lagezentrum (MLZ), Strategie und Koordination, Ereigniskommunikation, Operationen und Einsatzsysteme. Um einen ersten Wissensgleichstand herzustellen wurde innerhalb wenigen Minuten ein Orientierungsrapport erarbeitet. Die verschiedenen Bereiche sammelten erste Informationen über die Lage, zusätzlich begannen sie sich mit Partnerorganisationen zu vernetzen.
Aufgrund der Analyse der Wetterlage konnte ausgeschlossen werden, dass die Schweiz direkt von erhöhter Radioaktivität betroffen sei. Somit wurden Massnahmen für die Sicherheit und die Information von Schweizer Bürgerinnen und Bürgern in der betroffenen Region zur dringlichen Hauptaufgabe. Die NAZ arbeitete aus diesen Gründen eng mit dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA zusammen.
Diverse Telefonkonferenzen wurden durchgeführt und von der NAZ jeweils geleitet. Bei den Telefonkonferenzen ging es darum, einen Wissensgleichstand zwischen den verschiedenen Partnern herzustellen und gemeinsame Massnahmen zu organisieren, etwa in der Schweiz vorbereitetes Reservematerial wie Jodtabletten und Messgeräte in die Schweizer Vertretung vor Ort zu bringen. Der Materialversand wurde in Absprache mit der NAZ und dem Krisenmanagementzentrum KMZ in die Wege geleitet. Der Prozess folgte dem Standardvorgehen des Ressourcenmanagements Bund (ResMaB). Damit die Materialien möglichst schnell versendet werden konnten, musste der Einsatz zwischen den Partnern aus dem In- und Ausland abgesprochen und deren Zusammenarbeit koordiniert werden. Zu diesem Zweck stand die NAZ mit allen Partnern in Kontakt, versorgte diese laufend mit Informationen zur Lage und deren Entwicklung und synchronisierte die Tätigkeiten der Beteiligten. Somit konnte sich jede Stelle auf ihre individuellen Aufgaben konzentrieren, während sich die NAZ um die Koordination zwischen den einzelnen Partnern kümmerte.
Da die Übung auf die schnelle Vernetzung und die ersten Meldeprozesse fokussierte, verringerte sich die Zahl der eingehenden Meldungen am zweiten Tag deutlich. Die Abgabe weiterer Radioaktivität aus dem beschädigten Kernkraftwerk konnte ausgeschlossen werden.
„Mit internationalen Übungen wie die ConvEx3-Übung kann die Zusammenarbeit der NAZ mit verschiedenen In- und Auslandspartnern verstärkt und neue Konzepte geübt werden. Somit kann die NAZ wertvolle Erfahrungen sammeln“, so die Übungsleiterin Annina Frischknecht. Zusätzlich werden bei solchen Übungstagen intern die Einsatzbereitschaft und die einzelnen Abläufe in den diversen Kernteams gedrillt. Bei dem Szenario der ConvEx3-Übung standen im Zentrum: die umfassende Lagebeurteilung, das Funktionieren der Meldewege der Behörden untereinander, der Schutz von Schweizer und Schweizerinnen im Ausland sowie die Zusammenarbeit mit in- und ausländischen Partnern.
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