OWARNA – ein Prozess zur Verbesserung von Naturgefahrenwarnungen
Das Hochwasser im August 2005 bildete den Startschuss für eine Entwicklung im Naturgefahrenbereich, welche die Optimierung von Warnung und Alarmierung, kurz OWARNA, auf Stufe Bund zum Ziel hat. Dabei sind vier Bereiche identifiziert und in Absprache mit den Kantonen bearbeitet worden.
Im Lenkungsausschuss Intervention Naturgefahren LAINAT koordinieren und optimieren heute das Bundesamt für Umwelt, das Bundesamt für Landestopografie, das WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung, der Schweizerische Erdbebendienst an der ETH Zürich, das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz ihre Tätigkeiten in der Vorhersage, Beurteilung und Verbreitung von Warnprodukten.
Im ersten Optimierungs-Bereich für eine gesamtheitliche und vernetzte Gefahrenbetrachtung beauftragte der Bundesrat 2007 die zuständigen Bundesfachstellen, schweizweit vor Naturgefahren zu warnen. Standards für Gefahrenstufen, Warnprodukte und Warnfarben entstanden. Messnetze, wie das Schweizerische meteorologische Radarmessnetz, wurden erweitert. Es zeigte sich, dass die gemeinsame Darstellung aller aktiven Warnungen wichtiger ist, als alle Naturgefahrenaspekte mit einer einzelnen Warnung zu verbreiten. Für Fachleute stehen nun alle Informationen auf der Gemeinsamen Informationsplattform Naturgefahren (GIN) zur Verfügung. Weitere Naturgefahrenprozesse, wie zum Beispiel die Waldbrandgefahr, wurden ergänzt oder sind noch zu bearbeiten, darunter etwa Hitzewellen oder Perioden langanhaltender Trockenheit. Nach der Genehmigung des zweiten Folgeberichts OWARNA durch den Bundesrat wurden Projekte zur Optimierung und Weiterentwicklung der Warnungen beim BAFU und an der MeteoSchweiz gestartet.
Der zweite Bereich befasste sich mit dem Bedarf nach einem Melde- und Lagezentrum. Die Nationale Alarmzentrale NAZ übernahm die Übermittlung der Warnung der Kantone und entwickelte die bevölkerungsschutzrelevante Lage (BREL) zur Lageübersicht und Unterstützung der Kantone in der Ereignisbewältigung. Der Fachstab Naturgefahren erstellt dazu die Fachlage Naturgefahren. Die klare Struktur bewährt sich und lässt sich auch für andere Gefahrenbereiche umsetzen. Die Elektronische Lagedarstellung ELD NAZ wird heute für alle bevölkerungsschutzrelevanten Ereignisse eingesetzt.
Bevölkerung direkt warnen
Wichtig ist die Information der Bevölkerung, als dritter Bereich, damit jede Person jederzeit und überall in verständlicher Form die für ihren Schutz relevanten Informationen zur Verfügung hat. Die Bevölkerung kann sich über das Naturgefahrenportal des Bundes orientieren und erhält ergänzende Informationen bei den Fachstellen. Bei Warnungen der Stufe 4 und 5 kann der Bund in dringenden Fällen die Bevölkerung auch direkt warnen. Wichtig ist, dass nach einer Warnung das richtige Verhalten ermöglicht wird. Die Optimierung der gesamten Warnkette und der Verbreitungskanäle ist deshalb ein grosses Anliegen des LAINAT. Diskutiert werden wirkungsbasierte Warnungen (sogenannte impact-based warnings) und ein umfassender «all hazard»-Ansatz, wie dies von Alertswiss praktiziert wird. Standardisierungen wie das Common Alerting Protocol (CAP) sind dabei eine Hilfe.
All dies ist nur möglich, wenn mit dem Business Continuity Management als vierter Bereich die personelle und technische Durchhaltefähigkeit im Ereignisfall sichergestellt ist. Während MeteoSchweiz bereits mit ununterbrochenem Betrieb arbeitet, mussten bei der Hydrologie im BAFU ausreichend personelle Ressourcen für den Einsatzfall geschaffen werden. Eine weitere Herausforderung ist die Verfügbarkeit der technischen Systeme, um die über die ganze Schweiz verteilten Messstationen mit den Rechenzentren zu vernetzen. Standen zu Beginn die Sicherstellung der Notstromversorgung, eine hohe Verfügbarkeit der Systeme sowie eine sichere Datenübermittlung im Mittelpunkt, könnte in Zukunft der Umgang mit Cyberattacken eine grössere Rolle spielen.
Was mit einem einzelnen Projekt nach dem Hochwasser 2005 begann, hat sich bis heute zu einer engen und fruchtbaren Zusammenarbeit im Fachund Führungsverbund entwickelt – mit dem Ziel, die kantonalen und lokalen Fachstellen und Führungsorgane bei der Beurteilung der Lage vor Ort und beim Entscheid der Massnahmen zu unterstützen.
Autor: Roland Bialek, Leiter Planung und Steuerung NAZ