Wer misst in der Schweiz die Radioaktivität?
Die Radioaktivitäts-Messflüge der Nationalen Alarmzentrale NAZ finden dieses Jahr vom 19. bis 23. Juni statt. Die Messung der Radioaktivität aus der Luft, die sogenannte Aeroradiometrie, ergänzt die verschiedenen Messnetze in der Schweiz, welche die externe Strahlung permanent überwachen. Die Probenahme- und Messorganisation hat den Auftrag, bei einer Gefährdung durch erhöhte Radioaktivität rasch Messdaten zur Erfassung der radiologischen Lage zur Verfügung zu stellen.
Zur grossräumigen und permanenten Überwachung der externen Strahlung betreibt die NAZ das Netz für die automatische Dosisleistungs-Alarmierung und -Messung NADAM (Radioaktivitäts-Messwerte der NAZ). Die Messnetze URAnet aero und aqua des Bundesamtes für Gesundheit BAG überwachen die Konzentrationen der verschiedenen Radionuklide in der Luft bzw. im Flusswasser. Zusätzlich unterhält das BAG ein Netz von Hochvolumenfiltern zur Spurenanalyse von Radioaktivität in der Luft (HVS). Für die Umgebung der Kernanlagen betreibt das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI eine automatische Dosisleistungsüberwachung (MADUK, Messwerte Radioaktivität ENSI).
Die einzelnen Netze der Messorganisation laufen an verschiedenen Knotenpunkten zusammen und verfügen über eine Alarmfunktion, die ungewöhnliche Anstiege der Umweltexposition rund um die Uhr der Pikettstelle NAZ melden. Die Messdaten geben Auskunft über die räumliche und zeitliche Verteilung der Strahlenbelastung und dienen als Grundlage für das Ableiten von Schutzmassnahmen für die Bevölkerung.
Das NADAM-Messnetz der NAZ
Das Netz für die automatische Dosisleistungs-Alarmierung und -Messung NADAM umfasst 76 über die ganze Schweiz verteilte Stationen, welche die Ortsdosisleistung messen und als 10-Minuten-Mittelwerte an die NAZ übermitteln. Bei der Überschreitung einer bestimmten Schwelle (1000 nano-Sievert pro Stunde) wird bei der NAZ automatisch Alarm ausgelöst. Die Tagesmittelwerte der Messstationen variieren in der Schweiz je nach Standort zwischen 80 und 260 nano-Sievert pro Stunde. Dies ist primär auf Unterschiede der natürlichen Strahlung zurückzuführen. Hierbei ist insbesondere die geologische Bodenzusammensetzung massgebend. Im Falle eines radiologischen/nuklearen Ereignisses kann die NAZ die automatischen Netze durch weitere Messmittel ergänzen (Messequipen, mobile Sonden).
Die Aeroradiometrie als ergänzende Messtechnik
Die Aeroradiometrie kann ergänzend zu den bestehenden Messnetzen eingesetzt werden und erfolgt in Zusammenarbeit mit der Luftwaffe unter der Regie der NAZ. Einsatzfälle, die eine solche Messkapazität erforderlich machen, sind Störfälle in Kernkraftwerken, Transport- und Industrieunfälle mit radioaktivem Material, Satellitenabstürze sowie Diebstähle von radioaktivem Material. Jährlich werden während einer Woche die Einsatzszenarien trainiert und Referenzwerte gesammelt.
Die Aeroradiometrie ermöglicht es, innert kurzer Zeit ein Gesamtbild der radiologischen Lage zu gewinnen und die radiologisch gefährlichen Gebiete zu identifizieren, um auf dieser Grundlage die Messstrategie am Boden zu planen und zu priorisieren. Bei einem Einsatz wird ein Super Puma Helikopter der Schweizer Luftwaffe mit der nötigen Technik ausgerüstet, um aus der Luft radioaktive Strahlung in Bodennähe mit hoher Empfindlichkeit messen zu können. Das System ist nach einem Aufgebot innert weniger Stunden einsatzbereit. Zur Erstellung einer lückenlosen Radioaktivitätskarte fliegt der Helikopter in der Regel in rund 90 m Höhe über dem Boden in parallelen Bahnen von 250 m Abstand. Die Messwerte werden in Sekundenschritten erfasst.