Gesamtnotfallübung 2015: Impressionen aus der NAZ
Im September 2015 übten die Nationale Alarmzentrale, der kantonale Führungsstab Solothurn, das Kernkraftwerk Gösgen und das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI gemeinsam den Notfall in einem Schweizer Kernkraftwerk. Flurin Simeon-Babuin fungierte erstmals als Einsatzleiter der NAZ. Hans Probst von der Ausbildung BABS schaute ihm dabei als Übungsbeobachter über die Schulter.
Das Szenario der Gesamtnotfallübung GNU 15 sah ein Erdbeben als Ursache für einen Störfall im Kernkraftwerk Gösgen vor. Ab etwa halb sieben Uhr morgens trafen die Mitarbeitenden der NAZ im Führungsraum ein.
Flurin Simeon-Babuin: Das Pikett der Nationalen Alarmzentralen NAZ ist rund um die Uhr erreichbar und handlungsfähig. Es kann bei Bedarf alle Mitarbeiter der NAZ alarmieren, worauf diese in die Führungsanlage einrücken. Anlässlich der GNU waren dies wohl mehr Leute als in einem Echtfall – zu Ausbildungszwecken wollen wir natürlich, dass möglichst viele unserer Leute mittrainieren können.
Hans Probst: Uns Übungsbeobachter hat beeindruckt, wie effizient und konzentriert die NAZ ans Werk geht. Die Mitarbeitenden erstellen ruhig und effizient die Einsatzbereitschaft, während der Einsatzleiter und das Pikett besprechen, was vorgefallen ist und was als nächstes zu tun ist.
Flurin Simeon-Babuin: Die Startphase endet mit dem Orientierungsrapport, bei dem alle Anwesenden informiert werden, was Stand der Dinge ist. Wir kamen in der GNU rasch zu einem guten, schnellen Orientierungsrapport.
Rapportführung gilt als schwierige Disziplin in der Stabsführung. Wie war es, diese Rapporte zu führen?
Flurin Simeon-Babuin: Damit war ich noch nicht ganz zufrieden. Die Rapporte dauerten manchmal zu lange, und es waren Informationen dabei, die ich gar nicht benötigte. Aber es wurde halt auf allen Positionen ausgebildet – das führt dazu, dass manchmal noch nicht so prägnante Beiträge erfolgen und teilweise eine Lagebeurteilung fehlte. Für mich als Einsatzleiter ist es eine Herausforderung, die wichtigsten Informationen herauszufiltern und zu erkennen, wo ich handeln und entscheiden muss. Bei den Rapporten mit anderen Stellen gilt es, eine gemeinsame Sprache zu finden und auf’s Wesentliche zu konzentrieren. Telefonkonferenzen sind für viele Leute ein ungewohntes, schwieriges Medium.
Hans Probst: Hier haben auch wir noch Verbesserungspotential erkannt. Die im Voraus angekündigte Traktandenliste sollte von sämtlichen beteiligten Personen strikte befolgt werden. Während den Präsentationen sollten sich alle auf das jeweilige Traktandum sowie die Schwerpunkte der jeweiligen Situation konzentrieren und sich auf führungsrelevante Informationen beschränken.Auch Fragen des Einsatzleiters sollten kurz und prägnant beantwortet werden.
Die Rapporte fanden im neu eingerichteten Führungsraum der NAZ statt. Wie lässt es sich im neuen Raum arbeiten?
Flurin Simeon-Babuin: Besonders zufrieden war ich mit der Änderung, dass die Repräsentanten der verschiedenen Führungsgrundgebiete (die verschiedenen Abteilungen des Stabes) neu farbige Westen tragen. Das hat mir geholfen, die Übersicht zu behalten, wer meine Ansprechpartner sind und wer als Übungsbeobachter im Einsatzraum war.
Hans Probst: Der Führungsraum der NAZ hat über die letzten Jahre eine Entwicklung durchgemacht, wurde in verschiedenen Belangen erneuert und ist heute übersichtlich und funktional gestaltet. Es besteht eine Wechselwirkung zwischen der Infrastruktur und der guten und strukturierten Zusammenarbeit im Führungsraum. Wir hatten den Eindruck, die Leute fühlten sich wohl in diesem Raum.
Herr Probst, wie waren Sie als Übungsbeobachter zufrieden mit der Première von Einsatzleiter Flurin Simeon-Babuin?
Hans Probst: Flurin Simeon-Babuin hat seinen Job sehr gut gemacht und den Einstand als Einsatzleiter der NAZ souverän gemeistert. Er hatte den Mut, Entscheidungen zu treffen und machte diese für die beteiligten Personen verständlich. Darüber hinaus musste und konnte sich Flurin Simeon-Babuin einige Male durchsetzen und verstand es, dies auf eine gewisse Art zu tun, damit es von allen Seiten akzeptiert werden konnte.
Flurin Simeon-Babuin: Ich hatte ein tolles Team an meiner Seite, aber es gibt noch viel zu lernen. Das Wichtigste – dass wir mit unseren Partnern eine Übersicht über die Lage gewannen und rechtzeitig die notwendigen Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung auslösen konnten – ist gelungen. Es ist mir wichtig, weiter Erfahrungen zu sammeln, in meiner Ausbildung und in Übungen wie dieser GNU. Dabei ist es mir auch ein Anliegen, mich mit den Einsatzleitern der anderen Stellen regelmässig auszutauschen, denn im Einsatzfall einander persönlich zu kennen verschafft einen Vorsprung und erleichtert die Kommunikation ungemein.
Flurin Simeon-Babuin, Hans Probst, vielen Dank für das Gespräch!
In unserem Blogbeitrag zum Szenario der Gesamtnotfallübung 2015 finden Sie übrigens weitere Impressionen und interessante Hintergrundinformationen.