29 Juni 2016

Schutzbauten: Der Unterschied zwischen Schutzanlagen und Schutzräumen

Die Berichterstattung der Medien zum Thema Zivilschutzanlagen als Asylunterkünfte, beispielsweise die Tagesschau vom 11. März, löste in den Kommentarspalten und in den sozialen Medien Diskussionen aus. Diese zeigten, dass sich viele Schweizerinnen und Schweizer Sorgen um ihre Schutzplätze machen. Die Frage, wo denn die Schweizer Bevölkerung in einer Notlage einquartiert werden soll, wenn die Plätze von Asylsuchenden besetzt sind, brannte vielen unter den Nägeln.

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Die neue Ausgabe der Zeitschrift «Bevölkerungsschutz» widmet sich der Betreuung von Schutzsuchenden.

In der Schweiz gibt es ungefähr 360‘000 Personenschutzräume sowie rund 2‘300 Schutzanlagen. Gemäss Zivilschutzverordnung müssen Schutzbauten der Wirkung moderner Waffen standhalten, d. h. vor allem Schutz gegen ABC-Kampfstoffe und Nahtreffer konventioneller Waffen bieten. Es gibt aber einige, entscheidende Unterschiede. Während Schutzanlagen primär der Führungsfähigkeit und der Bereitschaft der Mittel des Bevölkerungsschutzes dienen, bieten Schutzräume Schutzplätze für die Bevölkerung oder dienen der Aufbewahrung von beweglichen Kulturgütern.

Die Grafik zeigt eine Tabelle, welche die verschiedenen Arten von Schutzbauten kurz beschreibt. Auf diese wird im weiteren Textverlauf eingegangen.
Zwischen Schutzanlagen und Schutzräumen bestehen einige Unterschiede.

Was ist eine Schutzanlage?

Der Begriff «Schutzanlage» umfasst diverse Bauten: Kommandoposten, Bereitstellungsanlagen, geschützte Sanitätsstellen und geschützte Spitäler. Jede Anlage erfüllt eine wichtige Funktion im Bevölkerungsschutz. Sie stehen in der Regel dem Zivilschutz und anderen Partnern im Bevölkerungsschutz (z. B. der Feuerwehr) als Materialdepot oder während Ausbildungskursen zur Verfügung. Auch private Nutzungen sind in Friedenszeiten erlaubt: So werden Schutzanlagen beispielsweise als Proberäume für Bands oder als Vereinslokale genutzt.

Das Bild zeigt den Blick aus dem Eingang in eine Schutzanlage. Die Panzertüre ist leicht geöffnet. Im Inneren des Raums sind Betten zu erkennen.
Schutzanlagen stehen in der Regel dem Zivilschutz und anderen Partnern im Bevölkerungsschutz (z. B. der Feuerwehr) als Materialdepot oder während Ausbildungskursen zur Verfügung.

Generell bestimmt der Anlagebesitzer, also Kanton oder Gemeinde, in welcher Bereitschaft die Anlage gehalten wird und wie sie in Friedenszeiten genutzt werden kann. Im Einsatzfall werden die Anlagen von Partnern im Bevölkerungsschutznetzwerk verwendet. Weitere Informationen zu Schutzanlagen finden Sie hier.

Geschützte Sanitätsstellen und Spitäler

Die Kantone sind verpflichtet, für einen Teil der Bevölkerung geschützte, unterirdische Patientenplätze zu unterhalten. Der Koordinierte Sanitätsdienst KSD hat sieben geschützte Spitäler ausgewählt, die als «aktiv mit Sonderstatus KSD» eingestuft sind. Diese befinden sich in Burgdorf, Chur, Herisau, Lugano, Neuchâtel, Sierre und Stans. Die Kantone halten zusätzlich weitere geschützte Spitäler bereit: 2012 zählte die Schweiz 31 «aktive» geschützte Spitäler und 17 «aktive» geschützte Sanitätsstellen. Die Bereitschaft der «inaktiven» geschützten Spitäler und Sanitätsstellen ist nur auf einen bewaffneten Konflikt ausgerichtet.

Was ist ein Schutzraum?

Im Gegensatz zu den Schutzanlagen dienen Schutzräume dem Schutz der Bevölkerung oder der Aufbewahrung von beweglichen Kulturgütern. Schutzräume eignen sich zwar gut als kurzfristige Notunterkünfte bei Katastrophen und Notlagen – konzipiert und erstellt werden Schutzräume aber zum Schutz der Bevölkerung im Fall eines bewaffneten Konflikts. Seit 1964 ist der Einbau von Schutzräumen in Neubauten obligatorisch. Der Grundsatz «Jeder Einwohnerin und jedem Einwohner ein Schutzplatz» wurde im 2012 revidierten Bundesgesetz über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz und der angepassten Zivilschutzverordnung bestätigt. Die Bestimmungen zur Verpflichtung zum Bau eines Schutzraumes in Neubauten und Wohnhäusern unterscheiden sich je nach Gemeinde. Wie in der Stadt Zürich die Berechnungen zum Schutzraumbau gemacht werden lesen Sie hier.

Die Grafik zeigt schematisch auf, wie ein Schutzraum aufgebaut ist. Es wird illustriert, was im Text beschrieben wird - die Panzertüre, die Schleuse, das Trockenklosett, der Schutzraum mit Schlafplätzen, und die diversen technischen Einrichtungen.
Der private Schutzraum im Keller von Ein- und Mehrfamilienhäusern umfasst in der Regel Schutzplätze für 5 – 50 Personen, je nach Grösse des Hauses.

Die bekannteste Art von Schutzraum ist der private Schutzraum im Keller von Ein- und Mehrfamilienhäusern. Dieser umfasst in der Regel Schutzplätze für 5 – 50 Personen, je nach Grösse des Hauses. Wenn nicht genug private Schutzräume zur Verfügung stehen, sind die Gemeinden dazu verpflichtet, öffentliche Schutzräume bereitzustellen. Grössere, private oder öffentliche Schutzräume verfügen über bis zu 200 Schutzplätze. Die Schutzräume sind so ausgelegt, dass sie grundsätzlich auch längere Aufenthalte ermöglichen – die Belüftungseinrichtungen versorgen den Raum mit genügend Sauerstoff, Wärme und Feuchtigkeit werden durch ableitende Materialien abgeführt, und auch Toiletten sind vorhanden. Spezielle Schutzräume, beispielsweise in Tiefgaragen oder für Kranken- und Altersheime, werden möglichst einfach gehalten und, wie die meisten privaten Schutzräume, im Alltag anders genutzt.

Die periodische Kontrolle der Schutzräume ist Aufgabe von Kantonen und Gemeinden – Inspektoren kontrollieren bis zu 100 Details, welche die Funktionsfähigkeit der Schutzräume garantieren. So bleibt der Schutz aller Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz in einem bewaffneten Konflikt so weit als möglich gewährleistet.

Das Bild zeigt zwei Kontrolleure, die in einem privaten Schutzraum die Einrichtungen kontrollieren. Der Schutzraum wird als Vorratskammer benutzt, an der rechten Wand sind Regale voll mit Konfitüren, Öl, und anderen Lebensmitteln.
Inspektoren kontrollieren bis zu 100 Details, welche die Funktionsfähigkeit der Schutzräume garantieren.

Wo befindet sich mein Schutzraum?

Schutzräume können zwar auch bei Katastrophen und in Notlagen für kürzere Aufenthalte genutzt werden, sie sind jedoch primär für den Fall eines bewaffneten Konflikts konzipiert. Die Verbindung von Katastrophe und Schutzraum ist nicht allgemeingültig, sondern eher ausnahmsweise richtig. Die bei Katastrophen und Notlagen zu treffenden Schutzmassnahmen sind weitgehend von den konkreten Ereignissen und der verfügbaren Zeit abhängig. Bei einer konkreten Gefahr geben die Behörden die Verhaltensanweisungen grundsätzlich über Radio durch – wobei der Aufenthalt im Schutzraum nur selten angeordnet wird. Bei vielen Gefährdungen, beispielsweise Pandemien oder Stromausfällen, ist der Aufenthalt im Schutzraum nicht sinnvoll, und bei anderen, beispielsweise Hochwasser, sogar zusätzlich gefährlich.

Die Gemeinden sind angehalten, eine Zuweisungsplanung zu führen. Da ein die Schweiz direkt betreffender bewaffneter Konflikt auf absehbare Zeit unwahrscheinlich ist, muss über die Ergebnisse der Zuweisungsplanung zum heutigen Zeitpunkt nicht vorsorglich informiert werden. Eine umfassende Bekanntgabe der Zuweisung zu den Schutzräumen erfolgt spätestens, wenn es die sicherheitspolitische Lage erfordert. Falls Sie trotzdem wissen wollen, wo sich Ihr Schutzplatz befindet, müssen Sie sich also direkt an Ihre Gemeinde wenden.

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