Kommunale Gefährdungsanalyse in fünf Schritten
Erdbeben, Unwetter, Ausfall der Stromversorgung und Pandemie sind nur einige von zahlreichen Gefährdungen, von denen die Bündner Bevölkerung betroffen sein kann. Um sich auf solche Ereignisse vorzubereiten, hat der Kanton Graubünden eine Gefährdungsanalyse durchgeführt. Nun ist er gemeinsam mit den Gemeinden daran, Gefährdungsanalysen auf kommunaler Ebene zu erarbeiten.
Der Kanton Graubünden und die Bündner Gemeinden verfolgen eine offene und transparente Auseinandersetzung mit den Gefahren und Risiken, die ihren Ursprung in der Natur, in der Technik und in der Gesellschaft haben. Aufgrund des Anstiegs der Bevölkerungsdichte während der letzten Jahre sind viele Gemeinden mit steigenden Risikopotenzialen und höheren Schadenssummen im Ereignisfall konfrontiert. Nur wer diese Gefahren kennt, kann ihnen erfolgreich entgegenwirken. Deshalb führen alle Bündner Gemeinden eine Gefährdungsanalyse durch. Es gilt, die Bevölkerung vor Katastrophen und Notlagen zu schützen.
Zuständigkeit der Gemeinden
Das Gesetz über den Bevölkerungsschutz des Kantons Graubünden weist die Verantwortung hinsichtlich der Vorsorge für besondere und ausserordentliche Lagen auf dem Gemeindegebiet den Gemeinden zu (Art. 7 Abs. 1). Jede Gemeinde ist verpflichtet, eine eigene Gefährdungsanalyse durchzuführen. Ziel der kommunalen Gefährdungsanalyse ist es, die für die Gemeinde relevanten Gefährdungen festzulegen und die Ergebnisse in einem Bericht zu dokumentieren. Darauf aufbauend werden Massnahmen definiert, um allfällige Defizite zu beheben.
Von den 106 Gemeinden im Kanton Graubünden haben (Ende Januar 2019) 28 Gemeinden die Gefährdungsanalysen umgesetzt, in 24 Gemeinden befinden sie sich in Arbeit und die übrigen 54 Gemeinden werden ihre Gefährdungen bis 2021 analysieren.
Die Gesamtprojektleitung der kommunalen Gefährdungsanalyse übernimmt das kantonale Amt für Militär und Zivilschutz (AMZ) in enger Zusammenarbeit mit der Gebäudeversicherung des Kantons Graubünden (GVG) und dem Amt für Wald und Naturgefahren (AWN).
Fünf Schritte
Die Durchführung auf kommunaler Ebene unterteilt sich in fünf Schritte: Kick-off, Gefährdungen (Grundlagen), Workshop, Dokumentation und politischer Entscheid. Für diese Schritte wird eine Arbeitsgruppe gebildet, in der die wichtigsten Entscheidungs- und Wissensträger die Probleme aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten und ihr spezifisches Wissen einbringen.
Das Kick-off-Meeting bringt zur Einführung in das Projekt die Vertreterinnen und Vertreter des Kantons, der Gemeinde und des beauftragten Ingenieurbüros an einen Tisch. Der Kanton und das Ingenieurbüro stellen den Ablauf des Projektes vor. Die Beteiligten erarbeiten einen Terminplan für die einzelnen Arbeitsschritte und legen die Gefährdungen fest, die für die Gemeinde relevant sind.
Im Schritt Gefährdungen analysiert und beschreibt die Gemeinde die Gefahren und Risiken, die im Kick-off-Meeting evaluiert wurden. Zum besseren Verständnis werden Referenzszenarien für die verschiedenen Gefährdungen auf dem Gemeindegebiet entworfen.
Anschliessend legen die Gemeinde, das Ingenieurbüro und der Kanton in einem Workshop die Gefährdungslage fest. Sie ermitteln, bezugnehmend auf die Gefahren- und Risikoanalyse, die Defizite und formulieren Massnahmen, um diese Defizite zu beseitigen. Im Schritt Dokumentation (und Vernehmlassung) werden die einzelnen Gefährdungen und Risiken sowie die erkannten Defizite und die ausgearbeiteten Massnahmen auf Faktenblättern festgehalten. Der letzte Arbeitsschritt lautet politischer Entscheid: Die Gemeinde entscheidet über die Umsetzung und Priorisierung der vorgeschlagenen Massnahmen.
Dynamische Analyse
Bei der Gefährdungsanalyse handelt es sich nicht um eine einmalige Aufgabe, sondern um eine dynamische Analyse, die periodisch und nach grösseren Ereignissen den aktuellen Gegebenheiten angepasst wird. Eine sorgfältige Vorbereitung auf relevante Gefahren trägt zum Schutz der Bevölkerung und der Region bei.
Autor:
Gino C. Clavuot
Bevölkerungsschutz-Koordinator, Amt für Militär und Zivilschutz, Kanton Graubünden
Dossier: Totalrevision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes (BZG)
In diesem Jahr befasst sich das Parlament mit der Totalrevision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes (BZG). Der Bundesrat will mit dem Projekt, das er im November 2018 präsentiert hat, den Bevölkerungsschutz modernisieren. Zu diesem Zweck hat er auch die Botschaft zu einem Verpflichtungskredit für ein nationales sicheres Datenverbundsystem verabschiedet. Die Nr. 32/2019 von „Bevölkerungsschutz“ beschreibt die Pläne des Bundesrates.