12 Dezember 2019

REDOG-Einsatz in Chamoson (VS)

Nach dem Murgang bei Chamoson (VS) Mitte August stand nicht die Instandsetzung, sondern die Suche nach den zwei Vermissten im Zentrum der Arbeiten und der Aufmerksamkeit. Dabei standen auch Leichenspürhunde mit ihren REDOG-Teams im Einsatz.

Es dauerte nur zehn Minuten. Am Sonntagabend, 11. August 2019. Ein Unwetter entlud sich oberhalb der Gemeinde Chamoson. Der in dieser Stunde aus seinen Ferien zurückkehrende Gemeindepräsident Claude Crittin sagte später im Gespräch mit «L’illustré», was er dachte, als er in der Ferne den Wasservorhang sah, der Richtung Zentralwallis zog: «Aïe, c’est du sérieux!» («Autsch, das ist ernst!»)
Er behielt Recht. Die Losentze verwandelte sich so schnell in einen reissenden Fluss, dass zwei Ausflüglerinnen, die gerade in ein Auto steigen wollen, weggespült wurden. Sie überlebten. Ihr Begleiter und ein sechsjähriges Mädchen, die Tochter einer der beiden Frauen, sassen bereits im Auto und wurden von Wasser, Geröll und Holz mitgerissen. Eine grossangelegte Suchaktion begann.

Entlang des Ufers und bis in die Hänge hinauf suchten die Teams. Viele Stellen waren gefährlich.

Mit mehrjähriger Ausbildung

Am Dienstag war REDOG, der Schweizerische Verein für Such- und Rettungshunde, mit Leichenspürhunden vor Ort. Diese werden dann eingesetzt, wenn nach Gebäudeeinstürzen oder Naturkatastrophen keine Hoffnung mehr auf Überlebende besteht. In mehrjähriger Ausbildung lernen sie, die Witterung von verstorbenen Menschen unter Trümmern zu orten. «Wenn wir Verstorbene auffinden, erhalten ihre Angehörigen und Freunde die Gewissheit, dass sie nicht lebend unter Trümmern begraben sind», betont Linda Hornisberger, Bereichsleiterin Verschüttetensuche REDOG, die mit Nash im Einsatz stand. Mit jeweils drei Hunden suchten die REDOG-Teams systematisch das Bachbett und die Umgebung ab. Entlang des Ufers, bis hinauf in die Hänge. In dichtem Gestrüpp. Und dort, wo es möglich war, auch im Wasser. Von unten nach oben, in der Hoffnung, Witterung aufzuspüren. «Was die Fluten mitgerissen haben, kann an Vorsprüngen, im Gebüsch oder in Nischen hängen bleiben. Wasser trägt Witterung über weite Strecken», erklärt Linda Hornisberger. Überall türmte sich Schlamm auf, zum Teil noch flüssig, an andern Orten bereits getrocknet. Im unteren Teil, Richtung Rhone, meterhoch. Viele Stellen waren gefährlich, kein Durchkommen für Hund und Mensch. Anhand der Schlammrückstände, des Holzes und Gerölls liessen sich die Wassermassen erahnen, die durch das schmale Tal gedonnert sind. Die Chance, hier jemanden zu finden?

Für die Angehörigen

«Es ist wichtig, dass man sich einsetzt, dass man alles versucht und hofft, doch noch etwas zu finden. Sei es auch nur der kleinste Hinweis.» Damit die Angehörigen Abschied nehmen können. Am ersten Tag zeigten die Hunde an verschiedenen Orten an. «Doch die Chance sinkt von Tag zu Tag.» Wenn der Schlamm einmal trocknet und damit begehbar wird, dringt kaum noch Geruch nach draussen. «Kein einfaches Thema, um darüber zu reden», sagt die Suchspezialistin. Am Freitagabend wurde die Suche mit den Hunden abgebrochen. Kleinste Teile des Autos, in dem die Vermissten sassen, wurden in dieser Woche gefunden. Auch eine Brille.
Mitte September waren die REDOG-Leichenspürhunde wieder im Einsatz. Auf Wunsch der Gemeinde wurde gezielt nochmals gesucht. Mittlerweile wurden drei grössere Wrackteile des Autos gefunden, weiter unten, in der Rhone. Von den Vermissten immer noch keine Spur.

Naturgefahren in der Schweiz: Auswirkungen des Klimawandels

Lesen Sie den ganzen Artikel im Dossier Nr. 34/ November 2019 der Zeitschrift „Bevölkerungsschutz“.

 

Autorin: Dagmar Wurzbacher, REDOG

Beitrag teilen:

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *