Sicherheitsverbundsübung 2019
Aus dem Bericht des Bundesrates über die Sicherheitspolitik der Schweiz vom Jahr 2010 entstand der Sicherheitsverbund Schweiz. Dieser umfasst die sicherheitspolitischen Instrumente des Bundes, der Kantone und der Gemeinden. Im November 2019 findet zum zweiten Mal eine Sicherheitsverbundsübung statt.
Die geplante Übung simuliert eine anhaltende Terrorbedrohung. Diese Terrorbedrohung beinhaltet Angriffe gegen kritische Infrastrukturen, erpresserische Forderungen und Anschläge. Der Nachrichtendienst des Bundes hat für das Übungsszenario eine fiktive Terror-Organisation, die Global Liberation Front, beschrieben. Ziel ist es, anhand dieser Übung Strukturen, Organisation und Abläufe zu überprüfen und weiter zu entwickeln.
Die Auftraggeber der Sicherheitsverbundsübung 2019 haben angeordnet, dass die politischen Gremien von Bund und Kantonen, die kantonalen Führungsorgane, der Bundesstab Bevölkerungsschutz, die Führungskräfte der Polizei und der Armee sowie vergleichbare Organe Dritter an der Übung teilnehmen sollen. Zentral ist dabei die Abstimmung zwischen dem Bund und den Kantonen und die Zusammenarbeit zwischen der Armee, Polizei und dem Bevölkerungsschutz. Hans-Jürg Käser, der Leiter der Übung und ehemaliger Regierungsrat des Kantons Bern, erklärt gegenüber der Kommunikation VBS, dass bei der Bewältigung von solchen Ereignissen das föderalistische System der Schweiz eine Herausforderung darstellt, da alle Beteiligten immer die Lage der anderen kennen müssen.
Bei einer umfassenden terroristischen Bedrohung ergibt sich eine erhöhte Gefährdung für kritische Infrastrukturen. Das Element Gefährdung von kritischen Infrastrukturen im Szenario der Sicherheitsverbundsübung 2019 steigert die Komplexität der Krisenbewältigung. Ausserdem wird damit möglich, dass das Verbundsystem Bevölkerungsschutz üben kann. Als kritische Infrastrukturen bezeichnet werden nicht nur Bauten und Anlagen, sondern Versorgungssysteme und Dienstleistungen im weitesten Sinne. Das Spektrum der kritischen Infrastrukturen umfasst neun Sektoren, unterteilt in 27 Teilsektoren (Branchen). Der Sektor Energie umfasst beispielsweise die Teilsektoren Stromversorgung, Erdölversorgung, Erdgasversorgung sowie Fern- und Prozesswärme. Elemente wie beispielsweise Betreiberfirmen, IT-Systeme, Anlagen und Bauten gelten als Teile der kritischen Infrastrukturen und somit als Bestandteil des Bevölkerungsschutzes, die Leistungen in einem der 27 Teilsektoren erbringen.
Um entscheiden zu können, ob ein Objekt oder eine Einrichtung geschützt werden muss, braucht es Hinweise auf eine konkrete Bedrohung, die Tragweite und Schwere eines möglichen Schadenfalls. Die nachrichtendienstliche Einschätzung in vorgängigen Lageberichten der Sicherheitsverbundsübung 2019 spezifiziert, welche kritischen Infrastrukturen betroffen sein können. Eine differenzierte Lageanalyse ist umso wichtiger, da je nach Gefahr die Verantwortlichkeiten anders liegen und Schutzmassnahmen dementsprechend zu gestalten sind. Die diesjährige Übung dient dazu, solche Gefahrenlagen zu üben.
Die erhöhte Gefährdung von kritischen Infrastrukturen durch angedrohte oder ausgeführte Anschläge der Global Liberation Front fügt sich schon zu Beginn in das Szenario ein. Für die fiktive Terrororganisation bieten spektakuläre Anschläge gegen öffentliche Gebäude, Objekte und Einrichtungen die Möglichkeit, den propagandistischen und effektiven Druck auf die Schweiz stufenweise zu erhöhen und über einen langen Zeitraum auf einem hohen Niveau zu halten. Ausserdem können Gefährdungen von kritischen Objekten der Energieversorgung, des Transportnetzes, der Kommunikation oder des Finanzsystems als taktische Ablenkungsmanöver dienen, um Sicherheitskräfte punktuell zu binden und die Aufmerksamkeit im Sinne des Angreifers zu lenken.
Von einer erhöhten Gefährdung kritischer Infrastrukturen sind alle Sicherheitsbereiche sowie Bund und Kantone wie auch die Privatwirtschaft betroffen. Die Akteure des Bevölkerungsschutzes sind gefordert die Resilienz zu gewährleisten und die Konsequenzen solcher Ereignisse zu bewältigen.
In einem Interview mit der Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift weist Käser auf ein zentrales Übungsziel der Sicherheitsverbundsübung 2019 hin. Es soll überprüft werden inwieweit die Empfehlungen der Sicherheitsverbundsübung 2014 umgesetzt worden sind. So ist nach der Übung im Jahr 2014 unter der Führung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz (BABS) ein Projekt ins Leben gerufen worden, um die Lagedarstellung integral und auf gesamtschweizerischer Ebene weiter zu entwickeln. In der Sicherheitsverbundsübung 2019 ist also besonders zu überprüfen, ob die Führungsorgane eine gemeinsame Vorstellung der Lage haben und ob diese für sie jederzeit greifbar ist. Die entsprechenden Ergebnisse werden dann wiederum in das laufende Projekt Lageverbundsystem einfliessen.