18 Februar 2021

20-jähriges Jubiläum des Massnahmenprogrammes Erdbebenrisikomanagement des Bundes

Vor gut 20 Jahren, am 11. Dezember 2000, beschloss der Bundesrat das Massnahmenprogramm zur Erdbebenvorsorge in seinem Kompetenzbereich. Damit starteten verschiedene Massnahmen, um beim Bund ein integrales Erdbebenrisikomanagement aufzubauen und sicherzustellen. Die Koordinationsstelle für Erdbebenvorsorge des Bundes ist beim Bundesamt für Umwelt (BAFU) angesiedelt. Sie koordiniert das Programm seit Januar 2001.

Was wurde seit dem Start erreicht?

Die Schweiz verfügt dank den Anstrengungen des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED) an der ETH Zürich über ein hochentwickeltes seismisches Netzwerk zur Überwachung der Erdbebenaktivität, fortwährend aktualisierte Gefährdungsgrundlagen sowie zuverlässige Meldungs- und Alarmierungsprozesse im Ereignisfall. Im Jahr 2022 wird mit dem derzeit entwickelten Erdbebenrisikomodell ein weiteres, wichtiges Instrument verfügbar sein, um das Schadenpotential von Erdbeben in der Schweiz besser einschätzen und eindämmen zu können.

Die notwendigen Grundlagen und Kontrollverfahren für das erdbebengerechte Bauen im Zuständigkeitsbereich des Bundes sind vollständig und etabliert. Die Qualität bei der Umsetzung wird unter Koordination des BAFU und in Zusammenarbeit mit den betroffenen Bundesstellen laufend optimiert. Das Risikopotential der wichtigen bundeseigenen Gebäude sowie aller Brücken der Nationalstrassen wurde erfasst, der Handlungsbedarf definiert und die notwendigen Verbesserungsmassnahmen umgesetzt oder deren Umsetzung geplant.

Im Zuständigkeitsbereich des Bundes wurden wichtige Grundlagen für die Ereignisbewältigung erarbeitet: z.B. Koordination der internationalen Hilfe oder die Behandlung von kantonalen Anträgen für Sonderfinanzhilfen. Zur Förderung des Erdbebenrisikomanagements in der Schweiz wurden wertvolle Grundlagen zum erdbebengerechten Bauen und zur Vorbereitung der Ereignisbewältigung zuhanden von kantonalen Behörden, Bauherrschaften und Fachspezialisten und –Spezialistinnen durch das BAFU und das BABS erarbeitet und veröffentlicht.

Was wurde noch nicht erreicht?

Die Massnahmen «Verbesserung der Rechtsgrundlagen» und «Möglichkeiten der Finanzierung von Grossschäden aus Erdbeben» aus dem Bundesratsbeschluss von 2000 konnten noch nicht umgesetzt werden. Die UREK-N lehnte am 18. November 2003 eine parlamentarische Initiative betreffend einen Verfassungsartikel über den Schutz vor Naturgefahren (inkl. Erdbeben) ab. Diese Verfassungsgrundlage hätte dem Bund übergeordnete gesetzgeberische Kompetenzen für das Erdbebenrisikomanagement in der Schweiz gegeben, wie sie bereits für die gravitativen Naturgefahren (z.B. Hochwasser) bestehen. Ohne eine solche Verfassungsgrundlage liegt das Erdbebenrisikomanagement grundsätzlich in der Zuständigkeit der Kantone und Gemeinden sowie in der Verantwortung privater Eigentümerschaften und Infrastrukturbetreiber.

Im Vernehmlassungsverfahren zum Verfassungsartikel Schutz vor Naturgefahren wurde auch die Einführung einer Versicherungspflicht für Schäden, die von Erdbeben verursacht werden, mit grosser Mehrheit abgelehnt. Die weiteren Anstrengungen für die Einführung einer obligatorischen Erdbebenversicherung durch eine Verfassungsänderung oder durch ein Konkordat der Kantone haben bisher die notwendige politische Unterstützung nicht gefunden.

Wo besteht noch Handlungsbedarf?

  • Grundlagen: Die Grundlagen zur Erdbebengefährdung, zum Erdbebenrisiko sowie zum erdbebengerechten Bauen sind regelmässig zu prüfen und weiterzuentwickeln.
  • Qualitätskontrolle: Wenn im Einflussbereich des Bundes erdbebengerecht gebaut wird, muss die Qualitätskontrolle des Baus auf diesen Aspekt hin auch langfristig sichergestellt werden. Nur so kann das Erdbebenrisiko tatsächlich verkleinert werden.
  • Förderung der Umsetzung: Die Umsetzung des Erdbebenrisikomanagements bei Kantonen, Gemeinden, Unternehmen und Privaten ist vermehrt zu fördern. Dies soll in erster Linie durch eine Intensivierung des Austausches mit den für Erdbeben zuständigen kantonalen Stellen und durch die Bereitstellung von Grundlagen für die verschiedenen Stakeholder (z.B. Baubehörden, Bauherrschaften) erfolgen.
  • Nationale Vorsorgeplanung: Die Bewältigung eines Bebens mit Schäden ist primär Aufgabe der Kantone. Zurzeit verfügen nur einzelne Kantone über erdbebenspezifische Notfall- und Vorsorgeplanungen und diese sind mit andern Akteuren und Akteurinnen kaum abgestimmt. Der Bund hat eine Vorsorgeplanung für die Aufgaben in seinem Zuständigkeitsbereich. Bei der Erstellung und Abstimmung von Vorsorgeplanungen zwischen Bund, Kantonen, Versicherungen und Betreibern von Infrastrukturen besteht daher grosser Handlungsbedarf. Gestützt u.a. auf die «Nationale Risikoanalyse Katastrophen und Notlagen Schweiz» soll eine nationale Vorsorgeplanung Erdbeben erarbeitet werden, um diese Situation zu verbessern.

 

Blaise Duvernay ist Leiter der Koordinationsstelle für Erdbebenvorsorge des Bundes (www.bafu.admin.ch/erdbeben).

Kontakt: Blaise Duvernay, 058 464 17 34, blaise.duvernay@bafu.admin.ch

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