Der Zivilschutz Hand in Hand mit der Polizei
Hochwasser, Sturmschäden und vermisste Pfadfinder: Erstmals hat der Zivilschutz NIDAU plus einen Wiederholungskurs unter Mithilfe der Kantonspolizei Bern durchgeführt. Vielleicht ein Projekt mit Pilotwirkung.
Ein Sturmtief hat das Berner Seeland seit Tagen im Griff, Windböen wehen mit bis zu 100 Kilometern pro Stunde. Heruntergestürzte Äste und umgekippte Bäume blockieren Strassen, die Hauptverkehrswege sind zum Erliegen gekommen. Ein Pfadilager meldet vermisste Kinder. Das Handynetz fällt komplett aus. Der Bielersee droht, über die Ufer zu treten, und aufgrund des Rückstaus in der Kanalisation ist die Trinkwasserversorgung in einem Wohnquartier nicht mehr gewährleistet: Dies sind einige Elemente des Schreckensszenarios, das am Ursprung des gross angelegten Wiederholungskurses der Zivilschutzorganisation (ZSO) NIDAU plus stand, zu dem im Mai 2018 rund 100 Angehörige des Zivilschutzes (AdZS) aus allen Fachbereichen aufgeboten wurden.
ZSO Nidau plus in der Vorreiterrolle
Erstmals hat NIDAU plus unter Mithilfe der Kantonspolizei Bern einen Wiederholungskurs durchgeführt. So erklärte ein Vertreter der Polizei anhand des Hochhausbrandes, bei dem Mitte Mai 2018 in Brügg 49 Personen ins Spital transportiert werden mussten, wie die Einsatzführung an einem Schadenplatz organisiert wird. Wichtige Erfahrungen für die ZSO, da sie mit den gleichen Hilfsmitteln arbeitet – etwa Unterlagen zur Problembewältigung oder Plakate zur Erfassung der Einsatzinformationen. Zudem präsentierte die Kantonspolizei Bern ihre Mobile Einsatzzentrale, in der wie im modernen Lagezentrum des Zivilschutzes die Journalführung elektronisch erfolgt.
Ein weiterer Teil der Übung, bei dem Kantonspolizei und ZSO Nidau plus zusammenarbeiteten, war die Feldabsuchung: Mit einer Menschenkette wurden die vermissten Pfadfinder ausfindig gemacht und anschliessend durch AdZS geborgen und betreut. Zu dem Zweck hatten Betreuer vorgängig mit vier mobilen Einsatzzelten eine Sammelstelle eingerichtet. Und Pioniere, die mit Holzarbeiten beschäftigt waren, wurden ohne Vorwarnung zur Bergung herbeigezogen. «Uns wurden in kurzer Abfolge zwei verletzte Personen gemeldet», erzählt Offizier Patrik Mühlheim. Sein Fazit fällt positiv aus: «Innerhalb von 20 Minuten hatten wir beide geborgen und zur Sammelstelle gebracht, so dass wir zu unserem eigentlichen Schadensplatz zurückkehren konnten.»
«Gemeinsame Übungen mit Feuerwehr und Sanität werden regelmässig durchgeführt, doch auch der Zivilschutz ist ein wichtiger Partner von uns», sagt Dominic Walthert, Bezirkschef Nidau bei der Kantonspolizei Bern. «Ein Wiederholungskurs wie dieser ist eine gute Gelegenheit, diese Zusammenarbeit zu fördern.» Und für Frank Liechti, den stellvertretenden Kommandanten der ZSO Nidau plus und «POLZS»-Übungsleiter, war es ein erfolgreiches Projekt: «Unsere Leute erhielten Einblicke in die Arbeit der Polizei und konnten von deren Erfahrungen profitieren. Diese Kooperation unterstreicht die Bedeutung des Zivilschutzes und zeigt, welchen Beitrag er zum Funktionieren des Bevölkerungsschutzes leistet.»
Nasse Trockenübung
Bereits am Vortag der Personensuche standen die AdZS im Einsatz: Während die Betreuer in der Zivilschutzanlage ihre Kenntnisse über lebensrettende Massnahmen auffrischten, bauten die Pioniere am Ufer des Bielersees Staudämme gegen das Hochwasser. Da es sich um eine Übung gehandelt hat, mussten sie die Wassermassen mittels Pumpen auch gleich selbst simulieren.
Am zweiten Tag des WK übten die Pioniere dann im Wald unter anderem den Umgang mit der Trennscheibe und der Motorsäge, ehe sie zur Personenbergung gerufen wurden. Derweil musste der Kulturgüterschutz abgezogen werden, um ein Archiv vor den Fluten zu retten. Die Feuerwehr hatte den Keller bereits gesichert. Der KGS war dann zuständig, wertvolle Bücher und Gegenstände zu bergen, zu dokumentieren und für den Weitertransport vorzubereiten.
Weil gemäss Übungsszenario das Handynetz ausgefallen ist, kam auch die Telematik zum Einsatz, so dass die gesamte Übung über Funk koordiniert werden konnte. Und nicht zuletzt konnte das neu zusammengestellte Informationsteam seine Abläufe testen, um die verunsicherte Bevölkerung mit Informationen und Bildern auf dem Laufenden zu halten und den Einsatz zu dokumentieren.
«Jeder ZSO zu empfehlen»
Frank Liechti zieht ein positives Fazit: «Der WK hat gezeigt, wie wertvoll die Zusammenarbeit mit den Partnern des Bevölkerungsschutzes ist.» Das Konzept habe sich bewährt. «Ich kann jeder ZSO empfehlen, mit einer solchen Kooperation Erfahrungen zu sammeln. Und für die Mannschaft war es eine abwechslungsreiche Übung, die Spass gemacht hat.» Liechti hat bereits Ideen für weitere Übungen dieser Art. «Das nächste Mal wäre wieder die Feuerwehr an der Reihe.»
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