Gefahren kennen: Epidemie / Pandemie
Welche Gefährdungen gibt es für die Schweizer Bevölkerung? Wie könnte ein grosses Schadenereignis in der Schweiz konkret ablaufen? Welche Auswirkungen hätte dies auf Mensch, Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft in der Schweiz? Und was können Sie selber tun, um sich besser zu schützen?
Mit der nationalen Gefährdungsanalyse von «Katastrophen und Notlagen Schweiz» schafft das Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS Grundlagen für die vorsorgliche Planung und Ereignisvorbereitung. In diesem Rahmen wird für jede untersuchte Gefährdung ein Referenzszenario definiert. Damit gibt das BABS wissenschaftlich fundierte und breit abgestützte Antworten auf die einleitend gestellten Fragen. Im Alertswiss-Blog informieren wir Sie regelmässig über die Ergebnisse dieser Gefährdungsanalyse.
2009 die Schweinegrippe, 2014 die Vogelgrippe, 2015 Ebola und jüngst das Zika-Virus. Durch die Medien erfahren wir immer häufiger von Infektionskrankheiten, welche sich in kurzer Zeit weltweit verbreiten. Gerade in der immer mehr vernetzten Welt können sich Krankheiten rasch verbreiten und epidemische oder pandemische Ausmasse annehmen. Die Vorbereitungen auf die olympischen Spiele in Brasilien im Sommer 2016 wurden vom Kampf gegen die Tigermücke begleitet, welche unter anderem das Zika-Virus verbreiten kann. Nach dem Sturm «Matthew», der anfangs Oktober über die Karibik und die USA fegte, warnen verschiedene Behörden erneut vor einer Cholera-Epidemie im schwer getroffenen Haiti.
Nach Hurrikan «Matthew» droht auf Haiti der Ausbruch einer Cholera-Epidemie. WHO schickt eine Million Impfdosen. https://t.co/18HI6mVW27 ^mh
— SRF News (@srfnews) October 12, 2016
Mit dem Herbstbeginn fängt in der Schweiz die Grippesaison wieder an. Vermehrt sind jetzt Empfehlungen, sich zu impfen, die Hände regelmässig und gut zu waschen und bei Symptomen zu Hause zu bleiben, zu hören. In einigen Kantonen kann die Grippe-Impfung sogar in Apotheken gemacht werden:
Wer sich gegen Grippe impfen lassen will, kann dies im Kanton St.Gallen neu in der Apotheke machen: https://t.co/fhtCoeIZ2P
— Kanton St.Gallen (@kantonsg) September 30, 2016
Worum geht es?
Ein stark gehäuftes Auftreten einer Infektionskrankheit innerhalb eines bestimmten Zeitraums und einer bestimmten Region oder Bevölkerung wird «Epidemie» genannt (z. B. Cholera, Typhus, Legionärskrankheit). Die Schweiz wird jährlich von Grippewellen heimgesucht, die epidemische Ausmasse annehmen können. Unter «Pandemie» versteht man eine zeitlich begrenzte, weltweite, massive Häufung von Erkrankungen an einer Infektion (Grippe, AIDS, usw.). Das Risiko einer Pandemie wird als hoch eingestuft, weil sich Infektionskrankheiten heute rasch über den Globus ausbreiten können.
Ereignisbeispiele
Referenzszenario: Möglicher Ereignisablauf bei einer Pandemie
Das im Gefährdungsdossier untersuchte Szenario ist von der Intensität «gross», nimmt also die mittlere Intensität ein. Eine solche Pandemie ist zwar selten, aber nicht unmöglich in der Schweiz.
Es tritt ein neues Grippevirus auf. Erste Fälle werden in Asien registriert. Ungefähr acht Wochen nach den ersten laborbestätigten Fällen in Asien werden auch in der Schweiz erste Patienten registriert. Das Virus hat sich global ausgebreitet. Als sogenannte Tröpfcheninfektion verbreiten sich die Viren von Mensch zu Mensch und sehr rasch.
Das Bundesamt für Gesundheit BAG setzt den nationalen Pandemieplan ein. Der Bundesrat befiehlt die Freigabe der Pflichtlager antiviraler Medikamente. Veranstaltungen werden abgesagt, Schulen und andere öffentliche Gebäude teilweise geschlossen. Über mehrere Wochen steigt die Anzahl gemeldeter Grippefälle an. Erst nach ungefähr sechs Wochen geht die Anzahl Neuansteckungen wieder zurück. Zu diesem Zeitpunkt ist noch kein Impfstoff vorhanden – vier Monate nach dem Ausbruch der Krankheit in der Schweiz sind erste Impfstoffe verfügbar. Dies jedoch nur in geringen Mengen: Personal im Gesundheitswesen sowie Risikogruppen werden zuerst geimpft. Vier Wochen später sind genügend Impfungen auf dem Markt, um alle zu versorgen. Weitere vier Wochen später sind keine neuen Ansteckungen mehr gemeldet.
Referenzszenario: Mögliche Auswirkungen
Eine Grippe-Pandemie in der Schweiz hätte grosse Auswirkungen sowohl auf Einzelpersonen als auch die Gesellschaft als Ganzes. Auch die Wirtschaft wäre stark betroffen.
Ungefähr 2 Millionen Personen würden sich in der Schweiz infizieren. Davon müssten etwa 40‘000 im Spital behandelt werden. Es ist mit ca. 8‘000 Todesopfern zu rechnen. Über die gesamte Dauer bleiben etwa 25% der Arbeitnehmenden teilweise ihrer Arbeit fern; Produktion und Dienstleistungen kommen teilweise zum Erliegen. Hohe Kosten entstehen für die Behandlung, Medikamente und Betreuung von Erkrankten. Zusätzlich ist mit Vermögensvernichtung an der Börse sowie Versicherungsschäden zu rechnen. Insgesamt belaufen sich die Kosten auf etwa 9,5 Mrd. CHF.
Die verunsicherte Bevölkerung leidet unter der Informationsknappheit. Es entstehen Gerüchte, die von den Behörden nicht alle kontrolliert werden können. Es folgen Hamsterkäufe gewisser Güter, beispielsweise Schutzmasken oder antiviraler Medikamente. Ärzte werden überkonsultiert. Schlüsselpersonen fallen aus. Es ist mit personellen Engpässen zu rechnen. Auch können vereinzelte Unruhen auftreten. Der Bundesrat sowie die zuständigen Behörden leiden unter massiver Kritik.
Risikobeurteilung und Vergleich mit anderen Risiken
Eine Pandemie in diesem Ausmass ist das 3. teuerste Risiko in der Schweiz: Noch teurer zu stehen kämen nur noch ein schweres Erdbeben oder eine länger anhaltende Strommangellage. Eine Pandemie dieser Art kommt vergleichsweise selten vor; jedoch etwa gleich häufig wie der Absturz eines Flugobjekts.
Vorsorge und Verhaltensanweisungen: Was können Sie tun?
Eine Pandemie stellt abhängig vom Erreger eine grosse gesundheitliche Gefahr dar. Sind Sie selber von der Infektion betroffen, müssen Sie möglicherweise in ärztliche Behandlung. Bei einer Pandemie ist das öffentliche Leben während Wochen stark eingeschränkt. So können Sie sich so gut wie möglich schützen
- Lassen Sie sich wenn möglich impfen. Die Impfung ist die wirksamste Methode, sich beispielsweise vor einer Grippe zu schützen.
- Waschen und desinfizieren Sie Ihre Hände regelmässig.
- Husten und niesen Sie in ein Papiertaschentuch oder notfalls in die Armbeuge.
- Meiden Sie grössere Veranstaltungen und Menschenmengen, verzichten Sie auf Händeschütteln und Begrüssungsküsse, halten Sie Distanz zu anderen Personen.
- Bleiben Sie bei Symptomen zuhause. Vermeiden Sie vor allem Kontakte mit Risikogruppen. Tragen Sie bei Kontakt mit anderen Menschen eine Hygienemaske.
- Beachten Sie die Informationen der Behörden.
Eine Pandemie stellt abhängig vom Erreger eine grosse gesundheitliche Gefahr dar. Sind Sie selber von der Infektion betroffen, müssen Sie möglicherweise in ärztliche Behandlung. Bei einer Pandemie ist das öffentliche Leben während Wochen stark eingeschränkt. Dienstleistungen wie Verkehr, Telefonie, Abfallentsorgung usw. stehen unter Umständen nur beschränkt zur Verfügung, weil es an Arbeitskräften fehlt, welche die Dienstleistungen im gewohnten Rahmen sicherstellen. Unter Umständen werden Anlässe mit grossen Menschenansammlungen (Kino, Sportanlässe, Ausstellungen, etc.) verboten. Die Versorgung mit Gütern kann zurückgehen, weil die Gesamtproduktion weltweit nachlässt.
Präventionskampagne «Impfen gegen Grippe»
Unter Impfen gegen Grippe stellt das Bundesamt für Gesundheit weitere wichtige Informationen zum Thema Grippe zusammen.
Gehören Sie zu einer Gruppe mit erhöhtem Komplikationsrisiko bei einer Grippeerkrankung? Hier können Sie testen, ob Ihnen eine Impfung gegen die saisonale Grippe empfohlen wird.
Bereit für alle Fälle
Beachten Sie die Empfehlungen zu Notvorrat und Notfallapotheke sowie zu den Vorbereitungen betreffend Notunterkunft und Notgepäck im Alertswiss Notfallplan.
Weitere Informationen
- Die vollständige Ausführung der Informationen, die in diesem Blog Artikel angesprochen werden, finden Sie im Gefährdungsdossier Influenza-Pandemie.
- Informationen zu weiteren Gefahren finden Sie im Bereich Gefahren kennen.
- Mehr zu Infektionskrankheiten finden Sie auf der Homepage des Bundesamts für Gesundheit BAG.