1 November 2019

Die Anlaufstelle im Ereignisfall

Auch wenn wir uns in der Schweiz sicher fühlen: Ereignisse, die unseren Alltag auf den Kopf stellen, sind jederzeit möglich. Indem wir uns auf solche Ereignisse vorbereiten, können wir die Auswirkungen und Belastungen reduzieren. Zu diesem Zweck führen einzelne Kantone Notfalltreffpunkte ein. Mit einem Medienanlass am 31. Oktober 2019 hat der Kanton Solothurn als Leitkanton den neuen Service für die Bevölkerung im Ereignisfall lanciert. Andere Kantone wollen das Konzept übernehmen.

In drei Jahren intensiver Konzeptarbeit haben die Kantone Aargau und Solothurn die Notfalltreffpunkte gemeinsam erarbeitet und realisiert. In dem interkantonalen Projekt «Evakuation und Notkommunikation» haben weit über hundert Personen mitgewirkt: Führungsverantwortliche und Fachpersonen der zuständigen kantonalen Ämter, von Einsatzorganisationen und anderen Partnern im Bevölkerungsschutz, dazu weitere Behördenmitglieder aus den Kantonen und aus diversen Gemeinden. Auf Bundesebene hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) das Projekt intensiv begleitet und unterstützt.

Information und Hilfe im Ereignisfall

Damit die Bevölkerung im Ereignisfall einen Notfalltreffpunkt auch nutzt, muss ihr sein Standort bekannt sein. Die Notfalltreffpunkte befinden sich mit wenigen Ausnahmen in öffentlichen Gebäuden der Gemeinden, z. B. in Gemeindeverwaltungen, Schulhäusern, Turn- oder Mehrzweckhallen. Diese sind der ortsansässigen Bevölkerung in der Regel bereits im Alltag bestens bekannt. Zur einheitlichen Kennzeichnung wurde ein spezielles Logo kreiert; damit werden die Notfalltreffpunkte für die Bevölkerung bereits in der Vorbereitung klar markiert und einfach ersichtlich. Im Kanton Solothurn erhalten zudem alle Haushalte und Betriebe Anfang November die neue Informationsbroschüre «Ihre Anlaufstelle im Ereignisfall». Nebst vielen wichtigen Verhaltensanweisungen sind darin auf Gemeindeebene die genauen Standorte der jeweiligen Notfalltreffpunkte angegeben.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) unterstützt die Kantone mit einem Erklärfilm: Dieser zeigt, warum es die Notfalltreffpunkte braucht und welche konkreten Hilfeleistungen die Bevölkerung dort bei einer Katastrophe oder in einer Notlage erhält.

Bei einem Ereignis kann der Zivilschutz mit der Unterstützung von Dritten (Gemeindepersonal, Feuerwehr, Samariter, Care- und Sicherheitspersonal etc.) die Notfalltreffpunkte innerhalb einer Stunde aufbauen. Bei Bedarf können die Treffpunkte über mehrere Tage betrieben werden – auch wenn andere Systeme und Services nicht mehr funktionieren, z. B. bei einem Stromausfall oder bei Verkehrs- und Versorgungsausfällen nach einer schweren Naturkatastrophe. In solchen Fällen können die Behörden die Bevölkerung in den vorbereiteten Notfalltreffpunkten künftig vor Ort direkt informieren, wie sich die Gefährdungslage entwickelt, welche Verkehrswege offen oder eben geschlossen sind, wann die Stromversorgung voraussichtlich wieder funktioniert, bis wann die örtlichen Schulen geschlossen sind etc.

Neben aktuellen Informationen erhält die betroffen Bevölkerung in den Notfalltreffpunkten bei Bedarf spezifische Unterstützung.

Notstromversorgung und Notkommunikation

Personell sind die Notfalltreffpunkte so konzipiert, dass sie bei Bedarf rund um die Uhr betrieben werden können. Materiell verfügen sie über eine eigene Notstromversorgung. Damit ist sichergestellt, dass die Notfalltreffpunkte selbst bei einem grossflächigen und langandauernden Stromausfall funktionieren. Auch die Kommunikation mit den Behörden (dem Regionalen und Kantonalen Führungsstab) sowie mit den Blaulichtorganisationen (Polizei, Feuerwehr, Sanität) ist bei einem Ausfall des regulären Stromnetzes sichergestellt. Die Notfalltreffpunkte sind nämlich in das gesamtschweizerische Sicherheitsfunknetz Polycom eingebunden, über das die Einsatzkräfte und Führungsebenen auf Stufe Gemeinde, Kanton und Bund kommunizieren.

Neben aktuellen Informationen erhält die betroffene Bevölkerung in den Notfalltreffpunkten bei Bedarf spezifische Unterstützung. Vorgesehen ist beispielsweise die Abgabe von Trinkwasser und die Deckung von anderen Grundbedürfnissen, der unmittelbare Schutz für gefährdete Personen, etwa vor Kälte, oder der Zugang zur Notstromversorgung für lebenswichtige Apparaturen wie Beatmungsgeräte. Die Notfalltreffpunkte dienen zudem als Sammelpunkte im Falle einer Evakuierung. Von hier aus werden die unterstützungsbedürftigen Personen so rasch wie möglich an einen sicheren Ort befördert.

Notfalltreffpunkte schweizweit einführen

Am 31. Oktober 2019 erfolgte die Lancierung der Notfalltreffpunkte im Kanton Solothurn mit einer Medienkonferenz in der Stadt Olten – anschaulich und authentisch an einem der insgesamt 139 Notfalltreffpunkte im Kanton. Der Kanton Aargau wird seine total 308 Notfalltreffpunkte gemäss Planung Mitte 2020 einführen.
Mit der Konzipierung und Realisierung der Notfalltreffpunkte haben die Leitkantone Aargau und Solothurn eine für die ganze Schweiz zukunftsweisende interkantonale Pionierarbeit geleistet. Im Rahmen der Projektarbeiten konnten denn auch diverse weitere Kantone vom einfach umsetzbaren Konzept überzeugt werden. Neben Solothurn hat Nidwalden die Notfalltreffpunkte bereits realisiert.

«Die Kantone Aargau und Solothurn setzen bei der Notkommunikation auf eine unkomplizierte Lösung, die funktioniert: Man trifft sich an einem Ort. Wie früher.»

Diego Ochsner, Chef des Amts für Militär und Bevölkerungsschutz sowie Chef des Kantonalen Führungsstabs, Kanton Solothurn

In diversen Kantonen laufen Planungen für die Einführung von Notfalltreffpunkten. Das Ziel ist die möglichst flächendeckende Einführung in der ganzen Schweiz. Damit wir vorbereitet sind, um die Bevölkerung zu schützen.

Rudolf Junker
Leiter Katastrophenvorsorge, Kanton Solothurn

Kurt Münger
Kommunikation, BABS

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