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5 März 2019

Strommangel und Stromausfälle in der Schweiz

Strommangel und Stromausfall stellen ernstzunehmende Gefährdungen für die Schweizer Bevölkerung dar. Stefan Brem, Chef Risikogrundlagen und Forschungskoordination im Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS), spricht über verschiedene Szenarien, welche Risiken sich ergeben können und wie die Bevölkerung sich darauf vorbereiten kann.

In der nationalen Risikoanalyse berücksichtigt das BABS das Risiko eines Strommangels. Worum geht es da genau?

In der nationalen Risikoanalyse Katastrophen und Notlagen Schweiz unterscheiden wir in diesem Bereich zwei Gefährdungen: den Stromausfall und die Strommangellage. Beide Gefährdungen werden in der öffentlichen Diskussion oft vermischt und beide können gravierende Konsequenzen hervorrufen.

Unter Stromausfall versteht man eine Unterbrechung der elektrischen Energieversorgung aufgrund von Schäden an der Stromversorgungsinfrastruktur, Problemen bei der Stromerzeugung oder Fehlfunktionen der Systemsteuerung. Wir sprechen von einem Blackout, wenn ein Stromnetz vollständig zusammengebrochen ist.

Strommangel kann als ein Ungleichgewicht von mehreren Tagen, Wochen oder gar Monaten zwischen Stromangebot und -nachfrage bezeichnet werden, welches sich aus reduzierten Produktions-, Transfer- oder Importkapazitäten ergibt.

Der Ausfall Stromversorgung (Synonym zu «Stromausfall») wird als Ausfall der Versorgung mit elektrischer Energie aufgrund unterbrochener oder beschädigter Stromleitungen, Transformatoren oder Verteilknoten definiert.

Wie geht das BABS mit einem Blackout um? Welches sind die wichtigsten Szenarien?

Das BABS befasst sich mit Ereignissen einer grösseren Tragweite. Abhängig von den Einflussfaktoren können verschiedene Ereignisse unterschiedlicher Intensität auftreten. In unserer Risikoanalyse unterscheiden wir drei Szenarien, ausgehend von ihrer Intensität: Erheblich, gross und extrem. Diese Szenarien ermöglichen es, die Folgen von Ereignissen zu antizipieren, um sich dementsprechend darauf vorbereiten zu können.

Beim Szenario mit der Intensität gross ergeben sich physischen Schäden an der Stromnetzinfrastruktur. Mehrere Kantone sind vom Stromausfall zwischen 2 und 4 Tagen betroffen. Die sukzessive und vollständige Wiederherstellung dauert mehrere Tage.

Welche negativen Folgen können sich daraus im Falle eines Blackouts ergeben?

Die Verkehrssituation ist schwierig: Am ersten Tag herrscht Chaos auf den Strassen, weil die Verkehrsleitsysteme nicht funktionieren, Strassenbahnen und Trolleybusse die Straßen blockieren und die Tunnel aus Sicherheitsgründen geschlossen werden. Dadurch nehmen die Unfälle zu.

Auch zu Hause muss die Bevölkerung mit den Folgen des Stromausfalls zurechtkommen: Die Wasserversorgung und Entsorgung sind teilweise ausser Betrieb. Im Sommer verderben Lebensmittel in Kühl- und Gefrierschränken. Warme Speisen können nur mit Gasherden oder offenem Feuer zubereitet werden. Menschen, die auf keine Notversorgung vorbereitet sind, geraten schnell in Schwierigkeiten. Zudem ist das Bargeld knapp, da auch Geldautomaten ausser Betrieb sind.

Wer einen Vorrat hält, verfügt für alle Fälle über eine wertvolle Notreserve. Im Sommer verderben bei einem Blackout Lebensmittel in Kühl- und Gefrierschränken.

In den ersten Minuten nach einem Ausfall sind Notrufzentralen und Einsatzkräfte stark beschäftigt und auch das Mobilfunknetz ist überlastet. Da jedoch die Batterien zur Notstromversorgung der Funksender bald erschöpft sind, funktionieren die Mobiltelefone bald nicht mehr und die Zahl der Anrufe nimmt rapide ab. Eine Mehrheit der Menschen im betroffenen Gebiet kann während des gesamten Stromausfalls nicht mehr über Mobilfunk kommunizieren.

Auch wenn wieder Strom zum Gebrauch bereitsteht, ist die Notsituation noch nicht unter Kontrolle. Die Auswirkungen des Blackouts nehmen zwar ab dem dritten Tag ab, da die technischen Dienste das Netz allmählich wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzen müssen. Es dauert jedoch ein paar Tage oder sogar Wochen, bis sich die Situation vollständig normalisiert hat.

Wie kann sich die Bevölkerung auf ein Blackout vorbereiten?

Jede und jeder kann und sollte Vorkehrungen für den Fall von Katastrophen und Notlagen treffen. Die meisten Massnahmen sind bei einem breiten Spektrum von Ereignissen nützlich. So sollte jeder Haushalt über einen Notvorrat verfügen, um sich während ein paar Tagen – auch ohne Strom – selbst versorgen zu können. Zum Notvorrat gehören lagerfähige Lebensmittel für rund eine Woche und neun Liter Wasser pro Person. Wir raten auch zu einem Notfallplan.

Bereit für alle Fälle

Beachten Sie die Empfehlungen zu Notvorrat und Notfallapotheke sowie zu den Vorbereitungen betreffend Notunterkunft und Notgepäck im Alertswiss Notfallplan.

Was tun die Kantone und der Bund, um sich auf einen solchen Fall vorzubereiten?

Verschiedene Kantone haben im Rahmen der kantonalen Gefährdungsanalyse und Vorsorge (KATAPLAN) vorsorgliche Massnahmen zur Bewältigung von gravierenden Stromausfällen erarbeitet. Auf Stufe Bund existiert ebenfalls eine Vorsorgeplanung Stromausfall, die letztmals 2011 unter dem mittlerweile aufgelösten Stab Sicherheitsausschuss aktualisiert wurde. Die Arbeiten werden in dem im April 2018 neu zusammengesetzten Bundesstab Bevölkerungsschutz, in dem auch das Bundesamt für Energie (BFE) und das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) vertreten sind, weitergeführt. Das BABS ist zudem für die Umsetzung der nationalen Strategie zum Schutz kritischer Infrastrukturen verantwortlich. Dabei spielt auch die Stromversorgung eine zentrale Rolle. Zur Verbesserung der sogenannten Resilienz hat das BABS einen SKI-Leitfaden entwickelt und diesen zusammen mit der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid in einem Pilotprojekt angewendet.

Stefan Brem leitet den Bereich Risikogrundlagen und Forschungskoordination im Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS)

Weitere Informationen:

Gefahren kennen: Ausfall Stromversorgung

Blackout: Wie wird das Risiko reduziert?

Thementag «SRF Blackout»

 

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